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Mercaptopurin Silver 50 mg Tabletten - Zusammengefasste Informationen

Enthält den aktiven Wirkstoff :

ATC-Gruppe:

Dostupné balení:

Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels - Mercaptopurin Silver 50 mg Tabletten

1. BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS

Mercaptopurin Silver 50 mg Tabletten

2. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG

Jede Tablette enthält 50 mg Mercaptopurin-Monohydrat.

Sonstige Bestandteile mit bekannter Wirkung:

Jede Tablette enthält 46,13 mg Lactose (als Monohydrat).

Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile, siehe Abschnitt 6.1.

3. DARREICHUNGSFORM

Tablette.

Blassgelbe, 6 mm große, runde Tabletten.

4. KLINISCHE ANGABEN

4.1 Anwendungsgebiete

Mercaptopurin ist angezeigt zur Behandlung von akuter Leukämie bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern. Es kann angewendet werden bei:

– Akuter Promyelozyten­leukämie (APL)/akuter myeloischer Leukämie M3 (AML M3)

4.2 Dosierung und Art der Anwendung

Die Behandlung mit 6-Mercaptopurin ist von einem Arzt oder einer anderen medizinischen Fachkraft mit Erfahrung in der Behandlung von Patienten mit APL (AML M3) zu überwachen.

Dosierung

Erwachsene, Kinder und Jugendliche

Die Standarddosis für Erwachsene, Kinder und Jugendliche beträgt 2,5 mg/kg Körpergewicht pro Tag oder 50 bis 75 mg/m2 der Körperoberfläche pro Tag, jedoch ist die Dosierung und Anwendungsdauer von der Art und Dosierung anderer Zytotoxika abhängig, die in Kombination mit 6-Mercaptopurin gegeben werden.

Die Tagesdosis ist abends einzunehmen (siehe Art der Anwendung in diesem Abschnitt).

Die Dosis ist sorgfältig und individuell dem einzelnen Patienten anzupassen.

Übergewichtige Kinder könnten eine Dosis am oberen Ende der empfohlenen Dosierung benötigen. Daher wird eine genaue Überwachung der Reaktionen auf die Behandlung empfohlen (siehe Abschnitt 5.2).

6-Mercaptopurin wird in verschiedenen Kombinationssche­mata zur Behandlung der akuten Leukämie verwendet; für ausführlichere Angaben sollten die entsprechende Literatur und die aktuellen Behandlungsrichtli­nien konsultiert werden.

Ältere Patienten

Es ist ratsam, die Leber- und Nierenfunktion dieser Patienten zu überwachen, und wenn eine Einschränkung der Funktion beobachtet wird, ist eine Verringerung der 6-Mercaptopurin-Dosis in Erwägung zu ziehen.

Nierenfunktion­sstörung

Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion ist eine Dosisreduktion in Erwägung zu ziehen (siehe Abschnitt 5.2).

Leberfunktion­sstörung

Bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion eine Dosisreduktion in Erwägung zu ziehen (siehe Abschnitt 5.2).

Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen

Wenn Xanthinoxidase­hemmer wie Allopurinol gleichzeitig mit 6-Mercaptopurin angewendet werden, ist es zwingend notwendig, dass nur 25 % der üblichen Dosis 6-Mercaptopurin gegeben wird, weil Allopurinol den Abbau von 6-Mercaptopurin verlangsamt (siehe Abschnitt 4.5).

Patienten mit TPMT-Mangel

Bei Patienten mit angeborener geringer oder fehlender Thiopurinmethyl­transferase (TPMT)-Aktivität besteht ein erhöhtes Risiko einer schweren Toxizität durch konventionelle Dosen von 6-Mercaptopurin, weshalb bei ihnen im Allgemeinen eine erhebliche Dosisreduktion von 6-Mercaptopurin erforderlich ist. Die optimale Anfangsdosis für homozygot defiziente Patienten ist nicht ermittelt worden. Die meisten Patienten mit heterozygotem TPMT-Mangel vertragen die empfohlenen 6-Mercaptopurin-Dosen, einige benötigen jedoch eine Reduktion der Dosis (siehe Abschnitt 4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung: Überwachung und Abschnitt 5.2 Pharmakoki­netische Eigenschaften).

Patienten mit NUDT15-Variante

Bei Patienten mit angeborenen, mutierten NUDT15-Gen besteht ein erhöhtes Risiko für eine schwere 6-Mercaptopurin-Toxizität (siehe Abschnitt 4.4). Bei diesen Patienten ist im Allgemeinen eine Dosisreduktion erforderlich, insbesondere bei Patienten, die Träger einer homozygoten NUDT15-Variante sind (siehe Abschnitt 4.4). Vor dem Beginn der Behandlung mit 6-Mercaptopurin kann eine Genotypisierung zur Bestimmung der NUDT15-Variante in Erwägung gezogen werden. Eine engmaschige Überwachung der Blutwerte ist in jedem Fall erforderlich.

Art der Anwendung:

Zum Einnehmen

6-Mercaptopurin kann mit einer Mahlzeit oder auf nüchternen Magen eingenommen werden, die Patienten müssen jedoch immer bei der gleichen Art der Anwendung bleiben. 6-Mercaptopurin Tabletten dürfen nicht zusammen mit Milch oder Milchprodukten eingenommen werden (siehe Abschnitt 4.5). 6-Mercaptopurin ist mindestens 1 Stunde vor oder 2 Stunden nach Milch oder Milchprodukten einzunehmen.

Die Pharmakokinetik und Wirksamkeit von 6-Mercaptopurin zeigen tagesrhythmische Schwankungen. Studien, die mit an akuter lymphatischer Leukämie erkrankten Kindern durchgeführt wurden, zeigten, dass die Anwendung von 6-Mercaptopurin abends das Rückfallrisiko im Gegensatz zur Anwendung am Morgen senkt. Daher ist die Tagesdosis abends einzunehmen.

4.3 Gegenanzeigen

Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile.

Gleichzeitige Anwendung mit Gelbfieberimpfstoff (siehe Abschnitt 4.5)

4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung

6-Mercaptopurin ist ein aktives Zytostatikum, das nur unter Anleitung von Ärzten, die Erfahrung in der Anwendung solcher Arzneimittel haben, angewendet werden darf.

Sichere Handhabung von 6-Mercaptopurin-Tabletten

Siehe Abschnitt 6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung und sonstige Hinweise zur Handhabung.

Zytotoxizität und hämatologische Überwachung

Weil 6-Mercaptopurin stark myelosuppressiv wirkt, muss während der Remissionsein­leitung das Blutbild täglich überwacht werden. Die Patienten sind während und nach der Therapie engmaschig zu überwachen.

Die Behandlung mit 6-Mercaptopurin bewirkt eine Knochenmarksup­pression, die zu Leukopenie und Thrombozytopenie und, weniger häufig, zu Anämie führt. Während der Remissionsein­leitung muss das Blutbild regelmäßig überwacht werden. Während der Erhaltungsphase ist eine regelmäßige Kontrolle des Blutbildes, einschließlich der Zahl der Thrombozyten, durchzuführen. Bei höherer Dosierung oder bei schweren Nieren-und/oder Leberfunktion­sstörungen sind die Untersuchungen häufiger durchzuführen.

6-Mercaptopurin ist auch als Suspension zum Einnehmen erhältlich. Die Suspension zum Einnehmen und die Tablettenform von 6-Mercaptopurin sind in Bezug auf die maximale Plasmakonzentration nicht bioäquivalent. Nach einem Wechsel zwischen den Darreichungsformen wird eine verstärkte hämatologische Überwachung des Patienten empfohlen.

Die Leukozyten- und Thrombozytenzahl nimmt auch nach Absetzen der Behandlung weiter ab, sodass die Behandlung beim ersten Anzeichen eines ungewöhnlich starken Abfalls der Blutwerte unverzüglich zu unterbrechen ist.

Die Knochenmarksup­pression ist reversibel, sofern 6-Mercaptopurin früh genug abgesetzt wird.

Während der Remissionsinduktion bei akuter myeloischer Leukämie durchlaufen Patienten häufig eine Phase relativer Knochenmarksa­plasie, und es ist wichtig, dass diesen Patienten adäquate Unterstützung zur Verfügung steht.

Die Dosierung von 6-Mercaptopurin muss eventuell reduziert werden, wenn das Arzneimittel mit anderen Arzneimitteln kombiniert wird, deren primäre oder sekundäre Wirkung Myelosuppression ist (siehe Abschnitt 4.5).

TPMT-Mangel

Personen mit einem angeborenen Thiopurinmethyl­transferase (TPMT)-Mangel können ungewöhnlich empfindlich gegenüber der myelosuppressiven Wirkung von 6-Mercaptopurin und damit anfälliger für das Auftreten einer Knochenmarkde­pression nach einer Therapieeinleitung mit 6-Mercaptopurin sein. Dieses Problem kann durch gleichzeitige Anwendung von Wirkstoffen, die TPMT hemmen, wie z. B. Olsalazin, Mesalazin oder Sulfasalazin, verstärkt werden. Ebenfalls ist ein möglicher Zusammenhang zwischen geschwächter TPMT-Aktivität und sekundärer Leukämie und Myelodysplasie bei Personen berichtet worden, die 6-Mercaptopurin in Kombination mit anderen zytotoxischen Arzneimitteln erhalten haben (siehe Abschnitt 4.8 Nebenwirkun­gen). Bei ca. 0,3 % (1:300) der Patienten findet sich eine geringe oder keine nachweisbare Enzymaktivität. Etwa 10 % der Patienten weisen eine niedrige oder mittlere TPMT-Aktivität auf und 90 % der Individuen haben eine normale TPMT-Aktivität. Es kann auch eine Gruppe von etwa 2 % bestehen, die eine sehr hohe TPMT-Aktivität aufweist. Einige Labors bieten Tests zur Feststellung eines TPMT-Mangels an, die jedoch nicht alle Patienten mit einem Risiko für schwere Vergiftungen identifizieren können. Deshalb ist eine genaue Überwachung des Blutbilds dennoch notwendig.

Patienten mit NUDT15-Variante

Bei Patienten mit angeborenem, mutierten NUDT15-Gen besteht bei herkömmlichen Dosen einer Thiopurin-Therapie ein erhöhtes Risiko für eine schwere 6-Mercaptopurin-Toxizität, wie eine frühe Leukopenie und Alopezie. Bei diesen Patienten ist im Allgemeinen eine Dosisreduktion erforderlich, insbesondere bei den Patienten, die homozygote Träger der NUDT15-Variante sind (siehe Abschnitt 4.2). Die Inzidenz von NUDT15 c.415C>T unterliegt einer ethnischen Variabilität von ca. 10 % bei Ostasiaten, 4 % bei hispanischer Bevölkerung, 0,2 % bei Europäern und 0 % bei Afrikanern. Eine engmaschige Überwachung der Blutwerte ist in jedem Fall erforderlich.

Immunsuppression

Immunisierungen mit Lebendimpfstoffen können zu einer Infektion bei immungeschwächten Personen führen. Deshalb werden Immunisierungen mit Lebendimpfstoffen bei Patienten mit ALL und AML nicht empfohlen. In allen Fällen sollen Patienten in Remission keine Lebendimpfstoffe erhalten, bis davon auszugehen ist, dass der Patient auf die Impfung ansprechen kann. Das Intervall zwischen Absetzen der Chemotherapie und die Wiederherstellung der Fähigkeit des Patienten auf die Impfung anzusprechen, hängt von der Intensität und Art, der die Immunsuppression verursachenden Arzneimittel, der Grunderkrankung und anderen Faktoren ab.

Die gleichzeitige Anwendung von Ribavirin und 6-Mercaptopurin wird nicht empfohlen. Ribavirin kann die Wirkung von 6-Mercaptopurin schwächen und seine Toxizität erhöhen (siehe Abschnitt 4.5 Wechselwir­kungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen).

Hepatotoxizität

6-Mercaptopurin ist hepatotoxisch, weshalb die Leberfunktion während der Behandlung wöchentlich zu überwachen ist. Die Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT)-Werte im Plasma erlauben möglicherweise eine Vorhersage, wann das Arzneimittel wegen Hepatotoxizität abgesetzt werden muss. Bei Patienten mit bestehenden Lebererkrankungen oder solchen, die andere hepatotoxische Arzneimittel erhalten, ist eine häufigere Überwachungen ratsam. Der Patient ist anzuweisen, bei Auftreten einer Gelbsucht die 6-Mercaptopurin-Therapie sofort abzubrechen.

Renale Toxizität

Wenn es während der Remissionsinduktion zu einer raschen Lyse von Zellen kommt, sind die Harnsäurespiegel im Blut und Urin zu überwachen, da sich eine Hyperurikämie und/oder Hyperurikosämie entwickeln kann, wodurch die Gefahr einer Harnsäurenephro­pathie besteht.

Kreuzresistenz

Zwischen 6-Mercaptopurin und 6-Thioguanin liegt üblicherweise eine Kreuzresistenz vor.

Überempfindlichke­it

Patienten, bei denen bereits der Verdacht auf eine Überempfindlichkeit gegen 6-Mercaptopurin besteht, wird nicht empfohlen dessen Prodrug Azathioprin anzuwenden, es sei denn, es wurde eine Überempfindlichkeit gegen 6-Mercaptopurin in einem allergologischen Test bestätigt und der Patient wurde negativ auf Azathioprin getestet. Da Azathioprin ein Prodrug von 6-Mercaptopurin ist, müssen Patienten mit einer bekannten Überempfindlichkeit gegen Azathioprin vor Beginn der Behandlung auf Überempfindlichkeit gegen 6-Mercaptopurin getestet werden.

Pankreatitis bei Off-Label-Behandlung von Patienten mit entzündlicher Darmerkrankung

Bei Patienten, die für die nicht zugelassene Indikation entzündliche Darmerkrankung behandelt wurden, wurde mit einer Häufigkeit von >1/100 bis <1/10 („häufig“) über das Auftreten von Pankreatitis berichtet.

Nieren- und/oder Leberfunktion­sstörungen

Bei der Anwendung von 6-Mercaptopurin bei Patienten mit Nieren- und/oder Leberfunktion­sstörungen ist Vorsicht geboten. Für diese Patienten ist eine Reduktion der Dosis in Erwägung zu ziehen und das hämatologische Ansprechen ist sorgfältig zu beobachten (siehe Abschnitt 4.2 und Abschnitt 5.2).

Mutagenität und Kanzerogenität

Eine erhöhte Anzahl von Chromosomenabe­rrationen wurde in den peripheren Lymphozyten von Leukämiepatienten nachgewiesen, ebenso bei einem Patienten mit Hypernephrom, der eine nicht näher quantifizierte 6-Mercaptopurin-Dosis erhalten hatte, sowie bei chronisch niereninsuffi­zienten Patienten nach Dosen von 0,4 bis 1,0 mg/kg/Tag.

Zwei Fälle von akuter nicht-lymphatischer Leukämie wurden bei Patienten dokumentiert, die 6-Mercaptopurin in Kombination mit anderen Arzneimitteln zur Behandlung nicht neoplastischer Erkrankungen erhielten. Es wurde von einem Einzelfall berichtet, bei dem der Patient nach Behandlung von Pyoderma gangraenosum mit 6-Mercaptopurin später eine akute nicht-lymphatische Leukämie entwickelte. Es ist unklar, ob dies Teil der natürlichen Krankheitsges­chichte war oder ob 6-Mercaptopurin eine ursächliche Rolle gespielt hat.

Ein Patient mit Morbus Hodgkin, der mit 6-Mercaptopurin und mehreren zusätzlichen zytotoxischen Präparaten behandelt wurde, entwickelte akute myeloische Leukämie.

Zwölfeinhalb Jahre nach einer 6-Mercaptopurin­behandlung gegen Myasthenia gravis entwickelte eine Patientin chronische myeloische Leukämie.

Es wurden Fälle von hepatosplenalem T-Zell-Lymphom bei Patienten mit entzündlicher Darmerkrankung (IBD; Off-Label -Indikation) gemeldet, die mit 6-Mercaptopurin in Kombination mit anti-TNF-Substanzen (siehe Abschnitt 4.8) behandelt wurden.

Bei Patienten, die eine Therapie mit Immunsuppressiva erhalten, einschließlich Mercaptopurin, besteht ein höheres Risiko für das Auftreten lymphoprolife­rativer Erkrankungen und anderer maligner Erkrankungen, insbesondere Hautkrebserkran­kungen (Melanome und andere), Sarkome (Kaposi-Sarkom und andere) sowie In-situ-Karzinome des Cervix uteri. Das erhöhte Risiko scheint mit dem Grad und der Dauer der Immunosuppression zusammenzuhängen. Es wurde berichtet, dass ein Absetzen der Immunosuppression unter Umständen zu einer teilweisen Regression der lymphoprolife­rativen Erkrankung führt.

Ein Behandlungsschema mit mehreren Immunsuppressiva (einschließlich Thiopurine) ist daher mit Vorsicht anzuwenden, da es zu lymphoprolife­rativen Erkrankungen, darunter solche mit berichteten Todesfällen, führen könnte. Eine Kombination mehrerer gleichzeitig angewendeter Immunsuppressiva erhöht das Risiko für Epstein-Barr-Virus (EBV) bedingte lymphoproliferative Erkrankungen.

Makrophagenak­tivierungssyn­drom

Das Makrophagenak­tivierungssyn­drom (MAS) ist eine bekannte, lebensbedrohliche Erkrankung, die bei Patienten mit Autoimmunerkran­kungen auftreten kann, insbesondere bei jenen mit entzündlicher Darmerkrankung (nicht zugelassene Indikation). Möglicherweise besteht bei der Anwendung von Mercaptopurin eine erhöhte Anfälligkeit für das Auftreten dieser Erkrankung. Wenn MAS auftritt oder vermutet wird, soll die Untersuchung und Behandlung so bald wie möglich erfolgen und die Behandlung mit Mercaptopurin ist abzusetzen. Ärzte müssen auf Symptome für Infektionen mit Pathogenen wie EBV und Zytomegalievirus (CMV) achten, da diese bekannte Auslöser von MAS sind.

Infektionen

Patienten, die mit 6-Mercaptopurin alleine oder in Kombination mit anderen Immunsuppressiva, einschließlich Corticosteroiden, behandelt wurden, zeigten eine erhöhte Anfälligkeit für Viren-, Pilz- und bakterielle Infektionen, darunter auch schwere oder atypische Infektionen und Virusreaktivi­erungen. Die Infektionen und Komplikationen können bei diesen Patienten im Vergleich zu nicht behandelten Patienten einen schwereren Verlauf nehmen.

Eine frühere Exposition gegenüber oder eine Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus muss vor Beginn der Behandlung berücksichtigt werden. Lokale Behandlungsrichtli­nien, und gegebenenfalls Richtlinien zur prophylaktischen Therapie,sind zu berücksichtigen. Eine serologische Untersuchung auf Hepatitis B ist vor dem Beginn der Behandlung in Betracht zu ziehen. Im Fall einer positiven serologischen Untersuchung sind lokale Richtlinien einschließlich Richtlinien zur prophylaktischen Therapie, zu berücksichtigen. Fälle von neutropenischer Sepsis wurden bei Patienten berichtet, die 6-Mercaptopurin zur Behandlung einer ALL erhalten hatten.

Infiziert der Patient sich während der Behandlung , sind geeignete Maßnahmen wie eine antivirale Therapie und unterstützende Versorgung zu ergreifen.

Lesch-Nyhan-Syndrom

Begrenzte Hinweise legen nahe, dass bei Patienten mit der seltenen angeborenen Erkrankung Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl­transferase-Defizienz (Lesch-Nyhan-Syndrom) weder 6-Mercaptopurin noch dessen Prodrug Azathioprin wirksam sind. Die Anwendung von 6-Mercaptopurin oder Azathioprin wird für diese Patienten nicht empfohlen.

UV-Strahlung

Patienten, die mit 6-Mercaptopurin behandelt werden, reagieren empfindlicher auf Sonnenlicht. Ein Aufenthalt im Sonnenlicht oder UV-Licht muss begrenzt erfolgen, und die Patienten sind darauf hinzuweisen, schützende Kleidung zu tragen und einen Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor zu benutzen.

Xanthinoxidase­hemmer

Patienten, die mit den Xanthinoxidase­hemmern Allopurinol, Oxipurinol oder Thiopurinol und 6-Mercaptopurin behandelt werden, dürfen nur 25 % der üblichen Dosis von 6-Mercaptopurin erhalten, da diese Substanzen den Katabolismus von 6-Mercaptopurin verringern (siehe Abschnitt 4.2 Dosierung und Art der Anwendung und Abschnitt 4.5 Wechselwir­kungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen).

Antikoagulanzien

Eine Hemmung der gerinnungshemmenden Wirkung von Warfarin und Acenocoumarol wurde bei gleichzeitiger Anwendung mit 6-Mercaptopurin berichtet; daher können höhere Dosen des Antikoagulans erforderlich sein (siehe Abschnitt 4.5).

Kinder und Jugendliche

Bei an ALL erkrankten Kindern, die mit 6-Mercaptopurin behandelt werden, wurden Fälle von symptomatischer Hypoglykämie berichtet (siehe Abschnitt 4.8). Die berichteten Fälle traten in der Mehrzahl bei Kindern unter sechs Jahren oder mit einem niedrigen Body-Mass-Index auf.

Lactose

Dieses Arzneimittel enthält Lactose. Patienten, die an der seltenen angeborenen Galactoseinto­leranz, einer vollständigen Lactase-Defizienz oder Glucose-Galactose-Malabsorption leiden, sollten dieses Arzneimittel nicht einnehmen.

Natrium

Dieses Arzneimittel enthält weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Tablette, d. h. es ist nahezu „natriumfrei“.

4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige

Impfungen mit Lebendimpfstoffen werden bei immungeschwächten Personen nicht empfohlen (siehe Abschnitt 4.4).

Die Anwendung von 6-Mercaptopurin mit einer Mahlzeit kann die systemische Exposition leicht verringern. 6-Mercaptopurin kann mit einer Mahlzeit oder auf nüchternen Magen eingenommen werden, die Patienten müssen jedoch immer bei der gleichen Art der Anwendung bleiben um große Schwankungen in der Exposition zu vermeiden. Die Dosis ist nicht zusammen mit Milch oder Milchprodukten einzunehmen, da diese Xanthinoxidase, ein Enzym, das 6-Mercaptopurin metabolisiert, enthalten und daher zu verminderten Plasmakonzentra­tionen von 6-Mercaptopurin führen können.

Wirkung von gleichzeitig angewendeten Arzneimitteln auf 6-Mercaptopurin

Ribavirin

Ribavirin hemmt das Enzym Inosin-Monophosphat-Dehydrogenase (IMPDH), was zu einer geringeren Produktion von aktiven 6-Thioguanin-Nukleotiden führt. Infolge der gleichzeitigen Anwendung von einem Prodrug von 6-Mercaptopurin und Ribavirin wurde eine schwerwiegende Myelosuppression beobachtet; deshalb ist die gleichzeitige Anwendung von Ribavirin und 6-Mercaptopurin nicht empfohlen (siehe Abschnitt 4.4 und Abschnitt 5.2).

Myelosuppressive Arzneimittel

Wenn 6-Mercaptopurin mit anderen myelosuppressiven Arzneimitteln kombiniert wird, ist Vorsicht geboten; basierend auf hämatologischen Beobachtungen können DosisReduktionen notwendig werden (siehe Abschnitt 4.4).

Allopurinol/Oxipurinol/Thiopurinol und andere Xanthinoxidasehemmer

Die Xanthinoxidase-Aktivität wird durch Allopurinol, Oxipurinol und Thiopurinol gehemmt, was eine reduzierte Umwandlung von biologisch aktiver 6-Thioinosinsäure zu biologisch inaktiver 6-Thiorinsäure zur Folge hat. Bei gleichzeitiger Anwendung von Allopurinol, Oxipurinol und/oder Thiopurinol und 6-Mercaptopurin muss die 6-Mercaptopurin-Dosis auf 25 % der üblichen Menge reduziert werden (siehe Abschnitt 4.2).

Andere Xanthinoxidase­hemmer wie z. B. Febuxostat können die Verstoffwechselung von 6-Mercaptopurin verlangsamen. Die gleichzeitige Anwendung wird nicht empfohlen, da die vorliegenden Daten nicht ausreichen, um eine adäquate Reduktion der Dosis festzulegen.

Aminosalicylate

Es gibt in-vitro und in vivo -Hinweise darauf, dass Aminosalicylat­säurederivate (z. B. Olsalazin, Mesalazin oder Sulfasalazin) das Enzym Thiopurinmethyl­transferase (TPMT) hemmen. Deshalb sind geringere Dosen von 6-Mercaptopurin in Betracht zu ziehen, wenn gleichzeitig Aminosalicylat­derivate angewendet werden (siehe Abschnitt 4.4).

Methotrexat

Methotrexat (20 mg/m2 oral) erhöhte die 6-Mercaptopurin AUC um ungefähr 31 % und Methotrexat (2 oder 5 g/m2 intravenös) erhöhte die 6-Mercaptopurin AUC um 69 % bzw. 93 %. Deswegen ist bei gleichzeitiger Anwendung von 6-Mercaptopurin und einer hohen Dosis Methotrexat die Dosis anzupassen, um eine angemessene Zahl weißer Blutkörperchen aufrechtzuerhalten.

Infliximab

Wechselwirkungen zwischen Azathioprin, einem Prodrug von 6-Mercaptopurin, und Infliximab wurden beobachtet. Bei Patienten, die fortlaufend Azathioprin erhielten, trat ein vorübergehender Anstieg des 6-TGN (6-Thioguanin-Nukleotid, ein aktiver Metabolit von Azathioprin)-Spiegels und ein Abfall der durchschnittlichen Leukozytenzahl in den ersten Wochen nach der Infliximab-Infusion auf, was sich nach drei Monaten normalisierte.

Wirkung von 6-Mercaptopurin auf andere Arzneimittel

Antikoagulanzien

Eine Hemmung der gerinnungshemmenden Wirkung von Warfarin und Acenocoumarol wurde berichtet, wenn sie mit 6-Mercaptopurin gemeinsam angewendet wurden; daher können höhere Dosen des Antikoagulans erforderlich sein. Es wird empfohlen, Gerinnungstests engmaschig durchzuführen, wenn Antikoagulanzien gleichzeitig mit 6-Mercaptopurin angewendet werden.

4.6 Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit

Kontrazeption bei Männern und Frauen

Wie bei allen zytotoxischen Chemotherapien sind adäquate kontrazeptive Maßnahmen anzuraten, wenn einer der beiden Partner 6-Mercaptopurin Tabletten einnimmt. Sexuell aktive Männer und Frauen müssen während der Behandlung und bis mindestens 3 Monate nach Einnahme der letzten Dosis eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden.

Tierexperimentelle Studien mit 6-Mercaptopurin weisen auf Reproduktionsto­xizität hin (siehe Abschnitt 5.3). Das mögliche Risiko für Menschen ist weitgehend unbekannt.

Schwangerschaft

Eine deutliche transplazentare oder transamniotische Übertragung von 6-Mercaptopurin und seinen Stoffwechselpro­dukten von der Mutter auf den Fötus wurde beobachtet.

Die Einnahme von 6-Mercaptopurin ist, wenn irgend möglich, während der Schwangerschaft zu vermeiden, besonders während des ersten Trimesters. In jedem Fall ist das Risiko für den Fötus gegen den zu erwartenden Nutzen für die Mutter individuell abzuwägen.

Stillzeit

6-Mercaptopurin wurde in der Muttermilch von nierentransplan­tierten Patientinnen nachgewiesen, die zur Immunsuppression ein Prodrug von 6-Mercaptopurin erhalten hatten. Müttern, die 6-Mercaptopurin bekommen, wird empfohlen, nicht zu stillen.

Fertilität

Die Auswirkung einer 6-Mercaptopurin-Therapie auf die menschliche Fertilität ist unbekannt.

Berichte über eine erfolgreiche Vater-/Mutterschaft nach einer Behandlung während der Kindheit oder Jugend liegen vor.

Infolge einer Behandlung mit 6-Mercaptopurin wurde eine vorübergehende Oligospermie beobachtet.

Mütterliche Exposition:

Nach einer 6-Mercaptopurin-Therapie in Form einer Einzel-Chemotherapie während der menschlichen Schwangerschaft wurden normale Nachkommen geboren, besonders, wenn die Anwendung vor der Konzeption oder nach dem ersten Trimester erfolgte.

Fehlgeburten und Frühgeburten wurden nach mütterlicher Exposition beobachtet. Verschiedene Geburtsfehler wurden nach der Behandlung der Mutter mit 6-Mercaptopurin in Kombination mit anderen Chemotherapeutika beobachtet.

Väterliche Exposition:

Geburtsfehler und spontane Fehlgeburten wurden nach der Behandlung des Vaters mit 6-Mercaptopurin beobachtet.

4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen

Es wurden keine Studien zur Auswirkung von 6-Mercaptopurin auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen durchgeführt. Eine schädliche Wirkung auf diese Tätigkeiten lässt sich aus der Pharmakologie des Wirkstoffs nicht vorhersagen.

4.8 Nebenwirkungen

Für 6-Mercaptopurin besteht ein Mangel an moderner klinischer Dokumentation, die als Unterstützung zur genauen Bestimmung der Häufigkeit unerwünschter Effekte dienen könnte. Die unten angeführten Häufigkeitska­tegorien der Nebenwirkungen sind Schätzwerte, da für die meisten Reaktionen keine geeigneten Daten zur Inzidenzberechnung zur Verfügung stehen. Die Nebenwirkungen können in ihrer Häufigkeit variieren, abhängig von der erhaltenen Dosis und gleichzeitiger Anwendung mit anderen Arzneimitteln.

Die Hauptnebenwirkung einer Behandlung mit 6-Mercaptopurin ist eine Knochenmarksup­pression, die zu Leukopenie und Thrombozytope­nie führt.

Tabellarisierte Liste der Gegenanzeigen

Das folgende Übereinkommen wurde für die Klassifikation der Häufigkeit benutzt:

Sehr häufig (>1/10), häufig (>1/100, <1/10), gelegentlich (>1/1 000, <1/100), selten (>1/10 000, <1/1 000), sehr selten (<1/10 000) und nicht bekannt

Infektionen und parasitäre Erkrankungen

Gelegentlich

Bakterielle und virale Infektionen, Infektionen, die mit Neutropenie in Verbindung stehen

Gutartige, bösartige und unspezifische Neubildungen (einschl. Zysten und Polypen)

Sehr selten

Sekundäre Leukämie und Myelodysplasie (siehe Abschnitt 4.4).

Selten

Neoplasien, einschließlich lymphoprolife­rativer Erkrankungen, Hautkrebserkran­kungen (Melanome und andere), Sarkome (KaposiSarkome und andere) und In-situ-Karzinom der Cervix uteri (siehe Abschnitt 4.4).

Nicht bekannt

hepatosplenisches T-Zell-Lymphom bei Patienten mit IBD (eine nicht zugelassene Indikation) bei Anwendung in Kombination mit anti-TNF-Substanzen (siehe Abschnitt 4.4).

Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems

Sehr häufig

Knochenmarksup­pression; Leukopenie und Thrombozytopenie

Häufig

Anämie

Erkrankungen des Immunsystems

Selten

Folgende Symptome für Überempfindlichke­itsreaktionen wurden beobachtet: Gelenkschmerzen, Hautausschlag, Arzneimittelfieber

Sehr selten

Folgende Symptome für Überempfindlichke­itsreaktionen wurden beobachtet: Gesichtsödem

Stoffwechsel- und Ernährungsstörun­gen

Gelegentlich

Anorexie

Nicht bekannt

Hypoglykämie (bei Kindern und Jugendlichen)

Erkrankungen des Gastrointesti­naltrakts

Häufig

Übelkeit, Erbrechen, Pankreatitis in der IBD-Population (eine nicht zugelassene Indikation)

Selten

Ulzerationen der Mundschleimhaut, Pankreatitis (bei den zugelassenen Indikationen)

Sehr selten

Ulzerationen des Magen-Darm-Trakts

Leber – und Gallenerkrankungen

Häufig

Gallenstauung, Lebertoxizität

Selten

Hepatische Nekrose

Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellge­webes

Selten

Alopezie

Nicht bekannt

Lichtempfindlichke­it

Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse

Sehr selten

Vorübergehende Oligospermie

Beschreibung ausgewählter Nebenwirkungen:

Leber – und Gallenerkrankungen

6-Mercaptopurin ist hepatotoxisch für Tiere und Menschen. Histologisch wurden beim Menschen Lebernekrose und Gallenstau gefunden.

Die Lebertoxizität schwankt beträchtlich und kann bei jeder Dosis auftreten, werden aber häufiger festgestellt, wenn die tägliche empfohlene Dosis 2,5 mg/kg Körpergewicht oder 75 mg/m2 Körperoberfläche übersteigt.

Durch Überwachung mittels Leberfunktionstests kann eine Hepatotoxizität frühzeitig erkannt werden. Die Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT)-Werte im Plasma erlauben möglicherweise eine Vorhersage, wann das Arzneimittel wegen Hepatotoxizität abgesetzt werden muss. Diese ist gewöhnlich reversibel, wenn die Therapie mit 6-Mercaptopurin früh genug abgesetzt wird. Dennoch sind tödliche Leberschädigungen aufgetreten.

Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-RisikoVerhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung über das nationale Meldesystem anzuzeigen:

Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen

Traisengasse 5

1200 WIEN

ÖSTERREICH

Fax: + 43 (0) 50 555 36207

Website:

4.9 Überdosierung

Zeichen und Symptome

Gastrointestinale Wirkungen, einschließlich Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö und Anorexie, können Frühsymptome einer Überdosis sein. Die toxische Hauptwirkung betrifft das Knochenmark und führt zur Myelosuppression. Die hämatologische Toxizität ist bei chronischer Überdosierung wahrscheinlich schwerer als bei einmaliger Einnahme von 6-Mercaptopurin. Eine Leberfunktion­sstörung und Gastroenteritis können ebenfalls auftreten.

Das Risiko einer Überdosis ist auch erhöht, wenn Xanthinoxidase­hemmer gleichzeitig mit 6-Mercaptopurin angewendet werden (siehe Abschnitt 4.5).

Behandlung

Da kein Antidot bekannt ist, ist das Blutbild sorgfältig zu überwachen und bei Bedarf sind unterstützende Allgemeinmaßnahmen in Verbindung mit Bluttransfusionen durchzuführen. Aktive Maßnahmen (wie Aktivkohle) sind im Falle einer 6-Mercaptopurin-Überdosierung nur bedingt wirksam, es sei denn, sie werden innerhalb von 60 Minuten nach der Einnahme durchgeführt.

Das weitere Vorgehen soll wie klinisch angezeigt erfolgen oder, falls verfügbar, wie von der nationalen Giftzentrale empfohlen.

5. PHARMAKOLO­GISCHE EIGENSCHAFTEN

5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften

Pharmakothera­peutische Gruppe: antineoplastische Mittel, Antimetabolite, Purin-Analoga, ATC-Code: L01BB02

Wirkmechanismus

6-Mercaptopurin ist ein Sulfhydryl-Analog der Purinbasen Adenin und Hypoxanthin und wirkt als zytotoxischer Anti-Metabolit.

6-Mercaptopurin ist ein inaktives Prodrug, das als Purin-Antagonist wirkt; es muss in die Zelle aufgenommen und intrazellulär zu Thioguanin-Nukleotiden (TGNs) umgewandelt werden, um zytotoxisch zu wirken. Die TGNs und andere Metabolite (z. B. 6-Methyl-Mercaptopurine-Ribonucleotide) hemmen die Purinsynthese und ihre Umwandlung zu Purinnukleotiden. Die Thioguanin-Nukleotide werden ebenfalls in Nukleinsäuren eingebaut, was zur zytotoxischen Wirkung des Arzneimittels beiträgt.

Pharmakodynamische Wirkungen

Der zytotoxische Effekt von 6-Mercaptopurin kann in Relation zu den Werten der aus 6-Mercaptopurin abgeleiteten Thioguanin-Nukleotide in den Erythrozyten gesetzt werden, nicht jedoch zur 6-Mercaptopurin-Konzentration im Plasma.

5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften

Resorption

Die Bioverfügbarkeit von oralem 6-Mercaptopurin zeigt eine beträchtliche interindividuelle Schwankungsbreite. Nach der Anwendung in einer Dosierung von 75 mg/m2 bei 7 pädiatrischen Patienten betrug die Bioverfügbarkeit durchschnittlich 16 % der angewendeten Dosis, mit einer Schwankungsbreite von 5 % bis 37 %. Diese variable Bioverfügbarkeit ist wahrscheinlich auf die Verstoffwechslung einer signifikanten Menge 6-Mercaptopurin während des First-Pass-Metabolismus in der Leber zurückzuführen.

Nach der Anwendung von 6-Mercaptopurin 75mg/m2 an 14 Kinder mit akuter lymphoblastischer Leukämie betrug die durchschnittliche Cmax 0,89 gM, mit einer Bandbreite von 0,29 – 1,82 gM und Tmax 2,2 Stunden, bei einer Bandbreite von 0.5 bis 4 Stunden.

Die durchschnittliche relative Bioverfügbarkeit von 6-Mercaptopurin war nach der Nahrungsaufnahme verglichen mit der Aufnahme nach nächtlichem Fasten um ungefähr 26 % niedriger. 6-Mercaptopurin ist in Milch aufgrund der vorhandenen Xanthinoxidase nicht stabil (30 % Abbau innerhalb von 30 Minuten) (siehe Abschnitt 4.2).

Verteilung

Das durchschnittliche Verteilungsvolumen von Mercaptopurin beträgt 0,9 (±0,8) l/kg, wobei diese Daten möglicherweise unterschätzt sind, weil Mercaptopurin im gesamten Körper (und nicht nur in der Leber) abgebaut wird.

Die Konzentration von 6-Mercaptopurin in der Zerebrospinal­flüssigkeit (CSF) nach intravenöser oder oraler Anwendung ist niedrig oder zu vernachlässigen (CSF: Plasmaraten von 0.05 bis 0.27). Die Konzentration in der CSF ist nach intrathekaler Anwendung höher.

Biotransformation

6-Mercaptopurin wird über viele mehrstufige Wege unter hohem Aufwand zu aktiven und inaktiven Metaboliten abgebaut. Wegen des komplexen Metabolismus erklärt die Hemmung eines einzelnen Enzyms nicht alle Fälle von Wirkungsmangel und/oder ausgeprägter Myelosuppression. Die wichtigsten für den Metabolismus von 6-Mercaptopurin oder seiner Abbauprodukte verantwortlichen Enzyme sind folgende: das polymorphe Enzym Thiopurin-S-Methyltransferase (TPMT), Xanthinoxidase, InosinMonophosphat-Dehydrogenase (IMPDH) und Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-transferase (HPRT). Weitere Enzyme, die an der Entstehung aktiver und inaktiver Metabolite beteiligt sind: Guanosin-Monophosphat-Synthetase (GMPS, das TGNs bildet) und Inosin-Triphosphat-Pyrophosphatase (ITPase). Es gibt auch mehrere inaktive Metabolite, die über andere Wege gebildet werden.

Es gibt Hinweise darauf, dass Polymorphismen in den Genen, die die verschiedenen am Metabolismus von 6-Mercaptopurin beteiligten Enzymsysteme codieren, Nebenwirkungen einer 6-Mercaptopurin-Therapie vorhersagen lassen. Zum Beispiel entwickeln Individuen mit TPMT-Mangel sehr hohe zytotoxische Thioguanin-NukleotidKonzen­trationen (siehe Abschnitt 4.4).

Thiopurin-S-Methyltransferase (TPMT)

Die TPMT-Aktivität ist umgekehrt proportional zur Thioguanin-NukleotidKonzen­tration in den Erythrozyten. Dabei führt eine höhere Thioguanin-NukleotidKonzen­tration zu einem stärkeren Abfall der Leukozyten- und Neutrophilenzahlen. Personen mit TPMT-Mangel entwickeln eine höhere zytotoxische ThioguaninNukleotid-Konzentration.

Ein Genotyp-Test kann das Allelmuster eines Patienten bestimmen. Gegenwärtig entfallen drei Allele – TPMT * 2, TPMT * 3A und TPMT * 3C – auf etwa 95 % der Personen mit reduzierter TPMT-Aktivität. Ungefähr 0,3 % (1: 300) der Patienten haben zwei nicht funktionierende Allele (homozygote Defizienz) auf dem TPMT-Gen und haben eine geringe oder nicht messbare Enzymaktivität. Ungefähr 10 % der Patienten haben ein nicht funktionierendes Allel auf dem TPMT-Gen (heterozygot), was zu einer geringen oder mittelmäßigen TPMT-Aktivität führt. 90 % aller Personen zeigen eine normale TPMT-Aktivität mit zwei funktionierenden Allelen. Es gibt zusätzlich eine Gruppe von ungefähr 2 %, die eine sehr hohe TPMT-Aktivität aufweisen. Phänotyp-Tests können den Thiopurin-Nukleotid-Spiegel oder die TPMT-Aktivität in den Erythrozyten bestimmen (siehe Abschnitt 4.4).

Elimination

In einer Studie mit 22 Patienten betrugen die durchschnittliche 6-Mercaptopurin-Clearance und die Halbwertzeit nach intravenöser Infusion 864 ml/min/m2 bzw. 0,9 Stunden. Der vollständige Abbau in den Nieren betrug bei 16 dieser Patienten 191 ml/min/m2. Nur ungefähr 20 % der Dosis wurde nach intravenöser Infusion im Urin als nicht metabolisierter Wirkstoff ausgeschieden. In einer Studie mit 7 Kindern zeigte 6-Mercaptopurin als Infusion eine Clearance von 719 (+/-610) l/min/m2 und eine Halbwertszeit von 0,9 (+/-0,3) Stunden.

Besondere Patientengruppen

Ältere Patienten

Es wurden keine spezifischen Studien bei älteren Patienten durchgeführt (siehe Abschnitt 4.2).

Nierenfunktion­sstörung

Studien mit einem Prodrug von 6-Mercaptopurin haben keine Unterschiede in der Pharmakokinetik von 6-Mercaptopurin in urämischen Patienten im Vergleich zu nierentransplan­tierten Patienten gezeigt. Da über die aktiven Metaboliten von 6-Mercaptopurin bei Nierenfunktion­sstörungen wenig bekannt ist, ist eine Reduktion der Dosis bei Patienten mit Nierenfunktion­sstörung in Erwägung zu ziehen (siehe Dosierung und Art der Anwendung).

6-Mercaptopurin und/oder seine Metabolite werden durch Hämodialyse entfernt, wobei ungefähr 45 % der radioaktiven Metabolite während einer achtstündigen Dialyse eliminiert werden.

Leberfunktion­sstörung

Eine Studie mit einem Prodrug von 6-Mercaptopurin wurde mit drei Gruppen von nierentransplan­tierten Patienten durchgeführt: solche ohne Lebererkrankung, solche mit Leberschädigung (aber ohne Zirrhose) und solche mit Leberschädigung und Zirrhose. Die Studie zeigte, dass die 6-Mercaptopurin-Exposition bei Patienten mit Leberschädigung (aber ohne Zirrhose) 1,6-mal höher war, und bei Patienten mit Leberschädigung und Zirrhose verglichen mit Patienten ohne Leberschädigung 6-mal höher (siehe Abschnitt 4.2).

Übergewichtige Kinder

In einer klinischen Studie aus den USA wurden 18 Kinder (zwischen 3 und 14 Jahren) gleichmäßig in zwei Gruppen geteilt; ihr Gewicht-Größenverhältnis lag entweder über oder unter der 75. Perzentile. Jedes Kind bekam eine Mercaptopurin-Erhaltungstherapie, deren Dosis basierend auf der Körperoberfläche berechnet wurde. Die mediane Mercaptopurin AUC (0-ot) in der Gruppe oberhalb der 75. Perzentile war 2,4 mal niedriger als in der Gruppe unterhalb der 75. Perzentile.

5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit

Genotoxizität

6-Mercaptopurin ist, ebenso wie andere Antimetabolite, potenziell mutagen bei Menschen und verursacht Chromosomenabe­rrationen in vitro und in vivo bei Mäusen, Ratten und Menschen.

Karzinogenität

Im Hinblick auf die Wirkung auf die zelluläre Desoxyribonukle­insäure (DNA) ist 6-Mercaptopurin als potenziell kanzerogen einzustufen, und das theoretische Risiko einer Kanzerogenität mit dieser Behandlung sollte bedacht werden.

Teratogenität

6-Mercaptopurin verursacht bei Mäusen, Ratten, Hamstern und Hasen Embryonenster­blichkeit und schwere Missbildungen in Dosen, die für die Muttertiere nicht toxisch waren. Bei allen Arten sind die Embryotoxizität und das Ausmaß der Missbildungen abhängig von der Dosis und dem Stadium der Schwangerschaft zum Verabreichungsze­itpunkt.

6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN

6.1 Liste der sonstigen Bestandteile

Mikrokristalline Cellulose

Povidon

Croscarmellose-Natrium

Lactose-Monohydrat

Magnesiumstearat

Stearinsäure

6.2 Inkompatibilitäten

Nicht zutreffend.

6.3 Dauer der Haltbarkeit

36 Monate.

6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung

Für dieses Arzneimittel sind keine besonderen Lagerungsbedin­gungen erforderlich.

6.5 Art und Inhalt des Behältnisses

In zwei Alu-PVC Blistern mit je 12 Tabletten in einem Umkarton verpackt.

Packungsgröße: 24 Tabletten

6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung und sonstige Hinweise zur Handhabung

Sichere Handhabung

Die Handhabung von Mercaptopurin-Tabletten entsprechend der geltenden lokalen Empfehlungen und/oder gesetzlichen Bestimmungen zur Handhabung und Entsorgung zytotoxischer Arzneimittel wird empfohlen.

Entsorgung

Zytotoxisch. Nicht verwendetes Arzneimittel oder Abfallmaterial ist entsprechend den nationalen Anforderungen zu entsorgen.

7. INHABER DER ZULASSUNG

Silver Pharma S.L

Avda. Camino de lo Cortao 16,

28703 San Sebastián de los Reyes (Madrid)

Spanien

8. ZULASSUNGSNUMMER

Z.Nr: 140962

9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG

Datum der Erteilung der Zulassung: 13/01/2022

10. STAND DER INFORMATION

04/2022

Mehr Informationen über das Medikament Mercaptopurin Silver 50 mg Tabletten

Arzneimittelkategorie: standardarzneimittel
Suchtgift: Nein
Psychotrop: Nein
Zulassungsnummer: 140962
Rezeptpflichtstatus: Arzneimittel zur einmaligen Abgabe auf aerztliche Verschreibung
Abgabestatus: Abgabe durch eine (öffentliche) Apotheke
Inhaber/-in:
Silver Pharma S.L., Avenida Camino de lo Cortao 16, 28703 San Sebastián de los Reyes, Madrid, Spanien