Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels - Fampridin neuraxpharm 10 mg Retardtabletten
1. BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS
Fampridin neuraxpharm® 10 mg Retardtabletten
2. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG
Jede Retardtablette enthält 10 mg Fampridin.
Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile, siehe Abschnitt 6.1.
3. DARREICHUNGSFORM
Retardtabletten
Weiße bis fast weiße, längliche, bikonvexe Retardtabletten mit einer Länge von 12,9 mm –13,4 mm und einer Breite von 7,9 mm – 8,4 mm.
4. KLINISCHE ANGABEN
4.1. Anwendungsgebiete
Fampridin neuraxpharm wird angewendet zur Verbesserung der Gehfähigkeit von erwachsenen Patienten mit Multipler Sklerose (MS) mit Gehbehinderung (EDSS 4–7).
4.2. Dosierung und Art der Anwendung
Fampridin neuraxpharm ist verschreibungspflichtig und die Behandlung muss durch einen in der Behandlung von MS erfahrenen Arzt überwacht werden.
Dosierung
Die empfohlene Dosis beträgt je eine 10 mg Retardtablette zweimal täglich, im Abstand von 12 Stunden (eine Retardtablette morgens und eine Retardtablette abends). Fampridin neuraxpharm darf nicht häufiger oder in höheren Dosen als empfohlen eingenommen werden (siehe Abschnitt 4.4). Die Retardtabletten sind auf nüchternen Magen einzunehmen (siehe Abschnitt 5.2).
Beginn und Beurteilung der Behandlung mit Fampridin neuraxpharm
– Die Erstverordnung ist auf zwei bis vier Wochen Therapie zu brgrenzen, da ein klinischer Behandlungserfolg im Allgemeinen innerhalb von zwei bis vier Wochen nach Behandlungsbeginn mit Fampridin neuraxpharm erkennbar sein sollte.
– Zur Beurteilung der Verbesserung nach zwei bis vier Wochen wird die Bewertung der Gehfähigkeit, z. B. durch die Durchführung des Timed 25 Foot Walk-Test (T25FW) oder die Anwendung der Bewertungsskala MSWS-12 (Twelve Item Multiple Sclerosis Walking Scale) empfohlen. Wenn keine Verbesserung beobachtet wird, ist Fampridin neuraxpharm abzusetzen.
– Fampridin neuraxpharm ist abzusetzen, wenn Patienten keine positive Wirkung berichten.
Wiederholte Beurteilung der Behandlung mit Fampridin neuraxpharm
Wenn der Arzt beobachtet, dass sich die Gehfähigkeit wieder verschlechtert, soll er eine Unterbrechung der Behandlung in Betracht ziehen und die Wirkung von Fampridin neuraxpharm erneut bewerten (siehe oben). Die Neubewertung soll ein Absetzen von Fampridin neuraxpharm und 1
eine Beurteilung der Gehfähigkeit umfassen. Fampridin neuraxpharm ist abzusetzen, wenn Patienten keine weiteren positiven Wirkungen auf das Gehen erfahren.
Versäumte Dosis
Das empfohlene Dosierschema ist immer einzuhalten. Wenn eine Dosis versäumt wird, darf keine doppelte Dosis eingenommen werden.
Ältere Patienten
Bei älteren Patienten ist vor Beginn der Behandlung mit Fampridin neuraxpharm die Nierenfunktion zu überprüfen. Zur Erkennung einer etwaigen Nierenfunktionsstörung wird bei älteren Patienten eine laufende Kontrolle der Nierenfunktion empfohlen (siehe Abschnitt 4.4).
Patienten mit Nierenfunktionsstörung
Fampridin neuraxpharm ist bei Patienten mit mittelschwerer und schwerer Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance <50 ml/min) kontraindiziert (siehe Abschnitte 4.3 und 4.4).
Patienten mit Leberfunktionsstörung
Bei Patienten mit Leberfunktionsstörung ist keine Dosisanpassung notwendig.
Kinder und Jugendliche
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Fampridin neuraxpharm bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 18 Jahren ist nicht erwiesen. Es liegen keine Daten vor.
Art der Anwendung
Fampridin neuraxpharm ist zum Einnehmen.
Die Retardtablette muss im Ganzen geschluckt werden. Sie darf nicht geteilt, zerdrückt, aufgelöst, gelutscht oder zerkaut werden.
4.3. Gegenanzeigen
Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile.
Gleichzeitige Behandlung mit anderen Arzneimitteln, die Fampridin (4-Aminopyridin) enthalten.
Patienten mit Krampfanfällen in der Vorgeschichte oder Patienten, die gegenwärtig an Krampfanfällen leiden.
Patienten mit mittelschwerer oder schwerer Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance
<50 ml/min).
Gleichzeitige Behandlung mit Fampridin neuraxpharm und Inhibitoren des organischen Kationentransporters 2 (OCT2), wie z. B. Cimetidin.
4.4. Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
Risiko für Krampfanfälle
Die Behandlung mit Fampridin erhöht das Risiko für Krampfanfälle (siehe Abschnitt 4.8).
Fampridin neuraxpharm muss bei Vorliegen von Faktoren, die die Krampfanfallsschwelle herabsetzen können, mit Vorsicht angewandt werden.
Fampridin neuraxpharm muss bei Patienten, die während der Behandlung einen Krampfanfall erleiden, abgesetzt werden.
Nierenfunktionsstörung
Fampridin wird hauptsächlich unverändert über die Nieren ausgeschieden. Patienten mit Nierenfunktionsstörung haben höhere Plasmakonzentrationen, die zu vermehrten unerwünschten Reaktionen, insbesondere zu neurologischen Wirkungen, führen. Die Bestimmung der Nierenfunktion vor der Behandlung und ihre regelmäßige Kontrolle während der Behandlung wird für alle Patienten empfohlen (insbesondere für ältere Patienten, deren Nierenfunktion eingeschränkt sein kann). Die Kreatinin-Clearance kann mit der Cockroft-Gault-Formel berechnet werden.
Vorsicht ist geboten, wenn Fampridin neuraxpharm Patienten mit leichter Nierenfunktionsstörung verordnet wird oder Patienten, die Arzneimittel anwenden, die OCT2-Substrate sind, wie z.B. Carvedilol, Propranolol und Metformin.
Überempfindlichkeitsreaktionen
Nach Markteinführung gab es Berichte über schwerwiegende Überempfindlichkeitsreaktionen (einschließlich anaphylaktischer Reaktion), wobei der Großteil dieser Fälle in der ersten Behandlungswoche auftrat. Besondere Vorsicht ist geboten bei Patienten mit allergischen Reaktionen in der Vorgeschichte. Bei Auftreten einer anaphylaktischen oder sonstigen schweren allergischen Reaktion ist Fampridin neuraxpharm abzusetzen und die Behandlung nicht wieder aufzunehmen.
Weitere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Fampridin neuraxpharm ist bei Patienten mit kardiovaskulären Rhythmusstörungen und sinuatrialen oder atrioventrikulären Erregungsleitungsstörungen mit Vorsicht anzuwenden (diese Wirkungen sind bei einer Überdosierung zu beobachten). Für diese Patientengruppe liegen nur begrenzte Informationen zur Sicherheit vor.
Das vermehrte Auftreten von Schwindel und Gleichgewichtsstörungen unter Fampridin kann zu einem erhöhten Sturzrisiko führen. Patienten sollen bei Bedarf Gehhilfen benutzen.
In klinischen Studien wurden bei 2,1 % der Patienten unter Fampridin niedrige Leukozytenzahlen festgestellt, verglichen mit 1,9 % der Patienten unter Placebo. Ferner wurden in den klinischen Studien Infektionen beobachtet (siehe Abschnitt 4.8). Eine erhöhte Infektionsrate sowie eine Beeinträchtigung der Immunantwort können nicht ausgeschlossen werden.
4.5. Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen
Studien zur Erfassung von Wechselwirkungen wurden nur bei Erwachsenen durchgeführt.
Die gleichzeitige Behandlung mit anderen Arzneimitteln, die Fampridin (4-Aminopyridin) enthalten, ist kontraindiziert (siehe Abschnitt 4.3).
Fampridin wird überwiegend über die Nieren ausgeschieden, wobei die aktive Nierenausscheidung ca. 60 % ausmacht (siehe Abschnitt 5.2). OCT2 ist der für die aktive Ausscheidung von Fampridin verantwortliche Transporter. Daher ist die gleichzeitige Behandlung mit Fampridin und OCT2-Inhibitoren, wie z.B. Cimetidin, kontraindiziert (siehe Abschnitt 4.3) und es wird vor gleichzeitiger Anwendung von Fampridin und Arzneimitteln, die Substrate von OCT2 sind, wie beispielsweise Carvedilol, Propranolol und Metformin, gewarnt (siehe Abschnitt 4.4).
Interferon: Fampridin wurde gleichzeitig mit Interferon-beta angewendet, ohne dass pharmakokinetische Arzneimittelwechselwirkungen beobachtet wurden.
Baclofen: Fampridin wurde gleichzeitig mit Baclofen angewendet, ohne dass pharmakokinetische Arzneimittelwechselwirkungen beobachtet wurden.
4.6. Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft
Bisher liegen nur sehr begrenzte Erfahrungen mit der Anwendung von Fampridin bei Schwangeren vor.
Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt (siehe Abschnitt 5.3). Aus Vorsichtsgründen soll eine Einnahme von Fampridin neuraxpharm während der Schwangerschaft vermieden werden.
Stillzeit
Es ist nicht bekannt, ob Fampridin beim Menschen oder bei Tieren in die Muttermilch übergeht. Die Einnahme von Fampridin neuraxpharm während der Stillzeit wird nicht empfohlen.
Fertilität
In tierexperimentellen Studien wurden keine Auswirkungen auf die Fertilität beobachtet.
4.7. Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen
Fampridin neuraxpharm hat einen mäßigen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, da Fampridin neuraxpharm Schwindel hervorrufen kann.
4.8. Nebenwirkungen
Die Sicherheit von Fampridin wurde in randomisierten kontrollierten klinischen Studien, in offenen Langzeitstudien und nach der Markteinführung beurteilt.
Unerwünschte Reaktionen sind meistens neurologischer Art und umfassen Krampfanfälle, Schlaflosigkeit, Angst, Gleichgewichtsstörungen, Schwindelgefühl, Parästhesien, Tremor, Kopfschmerzen und Asthenie. Dies entspricht der pharmakologischen Wirkung von Fampridin. Unter den Nebenwirkungen, die in placebokontrollierten Studien an Patienten mit Multipler Sklerose, die Fampridin in der empfohlenen Dosis erhielten, berichtet wurden, hatte Harnwegsinfektion die höchste Inzidenz (bei ca. 12 % der Patienten).
Die Nebenwirkungen sind untenstehend nach Systemorganklasse und absoluter Häufigkeit angegeben. Die Häufigkeiten sind wie folgt definiert: Sehr häufig (>1/10), häufig (>1/100, <1/10), gelegentlich (>1/1000, <1/100), selten (>1/10.000, <1/1000), sehr selten (<1/10.000), nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar).
Innerhalb jeder Häufigkeitsklasse werden die Nebenwirkungen nach abnehmendem Schweregrad geordnet.
MedDRA SOC | Nebenwirkung | Häufigkeitskategorie |
Infektionen und parasitäre | Harnwegsinfektion1 | Sehr häufig |
Erkrankungen | Influenza1 Nasopharyngitis1 Virusinfektion1 | Häufig |
Erkrankungen des Immunsystems | Anaphylaxie Angioödem Überempfindlichkeit | Gelegentlich |
Psychiatrische Erkrankungen | Schlaflosigkeit Angst | Häufig |
Erkrankungen des Nervensystems | Schwindelgefühl Kopfschmerz | Häufig |
Gleichgewichtsstörung Vertigo Parästhesie Tremor | ||
Krampfanfall3 Exazerbation einer Trigeminusneuralgie | Gelegentlich | |
Herzerkrankungen | Palpitationen | Häufig |
Tachykardie | Gelegentlich | |
Gefäßerkrankungen | Hypotonie2 | Gelegentlich |
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums | Dyspnoe Pharyngolaryngealschmerzen | Häufig |
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts | Übelkeit Erbrechen Obstipation Dyspepsie | Häufig |
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes | Ausschlag Urtikaria | Gelegentlich |
Sklelettmuskulatur-, Bindegewebs-und Knochenerkrankungen | Rückenschmerzen | Häufig |
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort | Asthenie | Häufig |
Brustkorbbeschwerden2 | Gelegentlich |
1 Siehe Abschnitt 4.4.
2 Diese Symptome wurden im Rahmen einer Überempfindlichkeit beobachtet
3 Siehe Abschnitte 4.3 und 4.4.
Beschreibung ausgewählter Nebenwirkungen
Überempfindlichkeit
Nach Markteinführung gab es Berichte über Überempfindlichkeitsreaktionen (einschließlich Anaphylaxie), die zusammen mit einer oder mehreren der folgenden Nebenwirkungen auftraten: Dyspnoe, Brustkorbbeschwerden, Hypotonie, Angioödem, Ausschlag und Urtikaria. Weitere Informationen zu Überempfindlichkeitsreaktionen sind in den Abschnitten 4.3 und 4.4 enthalten.
Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung direkt über das nationale Meldesystem anzuzeigen:
Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen
Traisengasse 5
1200 WIEN
ÖSTERREICH
Fax: + 43 (0) 50 555 36207
Website:
4.9. Überdosierung
4.9. ÜberdosierungSymptome
Akute Symptome einer Überdosierung mit Fampridin entsprachen einer Erregung des zentralen Nervensystems und schlossen Verwirrtheit, Zittern, Diaphorese, Krampfanfälle und Amnesie ein.
Das Zentralnervensystem betreffende Nebenwirkungen, die bei hohen Dosen von 4-Aminopyridin auftraten, waren Schwindelgefühl, Verwirrtheit, Krampfanfälle, Status epilepticus, unwillkürliche und choreoathetoide Bewegungen. Andere Nebenwirkungen bei hohen Dosen waren Herzrhythmusstörungen (beispielsweise supraventrikuläre Tachykardie und Bradykardie) und ventrikuläre Tachykardie als Folge einer möglichen QT-Verlängerung. Es liegen auch Berichte über Hypertonie vor.
Behandlung
Patienten, die eine Überdosis eingenommen haben, sollen unterstützend behandelt werden. Wiederholte Krampfanfälle sollen mit Benzodiazepinen, Phenytoin oder anderen angemessenen Maßnahmen gegen akute Krampfanfälle behandelt werden.
5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1. Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Andere Mittel für das Nervensystem, ATC-Code: N07XX07.
Pharmakodynamische Wirkungen
Fampridin ist ein Kaliumkanalblocker. Durch Blockierung der Kaliumkanäle verringert Fampridin das Austreten von Ionenstrom durch diese Kanäle, verlängert so die Repolarisation und verstärkt die Aktionspotentialbildung in demyelinisierten Axonen sowie die neurologische Funktion. Vermutlich werden durch die Verstärkung der Aktionspotentialbildung mehr Impulse im zentralen Nervensystem weitergeleitet.
Klinische Wirksamkeit und Sicherheit
Es wurden drei randomisierte, placebokontrollierte konfirmatorische Doppelblindstudien der Phase III (MS-F203, MS-F204 und 218MS305) durchgeführt. Der Responderanteil war von der immunmodulatorischen Begleittherapie (u. a. mit Interferonen, Glatirameracetat, Fingolimod und Natalizumab) unabhängig. Fampridin wurde in einer Dosis von 10 mg zweimal täglich angewendet.
Studien MS-F203 und MS-F204
Der primäre Endpunkt in den Studien MS-F203 und MS-F204 war die Ansprechrate im Hinblick auf die Gehgeschwindigkeit, gemessen mit dem „Timed 25 Foot Walk“-Test (T25FW). Ein Responder war definiert als Patient, der bei mindestens drei von vier möglichen Kontrollen in der Doppelblindphase eine konsistent höhere Gehgeschwindigkeit zeigte als im Vergleich zu dem bei fünf Kontrollen ohne Behandlung erreichten Höchstwert.
Im Vergleich zu Placebo wurden signifikant mehr Patienten, die mit Fampridin behandelt wurden, als Responder gewertet (MS-F203: 34,8 % vs. 8,3 %, p<0,001; MS-F204: 42,9 % vs. 9,3 %, p<0,001).
Bei Patienten, die auf Fampridin ansprachen, erhöhte sich die Gehgeschwindigkeit durchschnittlich um 26,3 % vs. 5,3 % unter Placebo (p<0,001) (MS-F203) und 25,3 % vs. 7,8 % (p<0,001) (MS-F204). Die Verbesserung zeigte sich rasch (innerhalb weniger Wochen) nach Beginn der Behandlung mit Fampridin.
Es wurden statistisch und klinisch bedeutsame Verbesserungen der Gehfähigkeit beobachtet, wobei die Messung auf der 12 Elemente umfassenden Gehskala für Multiple Sklerose erfolgte.
Tabelle 1: Studien MS-F203 und MS-F204
Studie* | MS-F203 | MS-F204 | ||
Placebo | Fampridin 10 mg BID | Placebo | Fampridin 10 mg BID | |
Anzahl Patienten | 72 | 224 | 118 | 119 |
Stetige Verbesserung | 8,3 % | 34,8 % | 9,3 % | 42,9 % |
Unterschied | 26,5 % | 33,5 % | ||
CI95 % | 17,6 %, 35,4 % | 23,2 %, 43,9 % | ||
p-Wert | < 0,001 | < 0,001 | ||
>20 % Verbesserung | 11,1 % | 31,7 % | 15,3 % | 34,5 % |
Unterschied | 20,6 % | 19,2 % | ||
CI95 % | 11,1 %, 30,1 % | 8,5 %, 29,9 % | ||
p-Wert | < 0,001 | < 0,001 | ||
Gehgeschwindigkeit Fuß/Sek. | Fuß pro Sek. | Fuß pro Sek. | Fuß pro Sek. | Fuß pro Sek. |
Ausgangswert | 2,04 | 2,02 | 2,21 | 2,12 |
Endpunkt | 2,15 | 2,32 | 2,39 | 2,43 |
Veränderung | 0,11 | 0,30 | 0,18 | 0,31 |
Unterschied | 0,19 | 0,12 | ||
p-Wert | 0,010 | 0,038 | ||
Durchschnittliche Veränderung in % | 5,24 | 13,88 | 7,74 | 14,36 |
Unterschied | 8,65 | 6,62 | ||
p-Wert | < 0,001 | 0,007 | ||
MSWS-12-Wert (Mittelwert, SEM) | ||||
Ausgangswert | 69,27 (2,22) | 71,06 (1,34) | 67,03 (1,90) | 73,81 (1,87) |
Durchschnittliche Veränderung | –0,01 (1,46) | –2,84 (0,878) | 0,87 (1,22) | –2,77 (1,20) |
Unterschied | 2,83 | 3,65 | ||
p-Wert | 0,084 | 0,021 | ||
LEMMT (Mittelwert, SEM) (Manueller Muskeltest der unteren Extremitäten) | ||||
Ausgangswert | 3,92 (0,070) | 4,01 (0,042) | 4,01 (0,054) | 3,95 (0,053) |
Durchschnittliche Veränderung | 0,05 (0,024) | 0,13 (0,014) | 0,05 (0,024) | 0,10 (0,024) |
Unterschied | 0,08 | 0,05 | ||
p-Wert | 0,003 | 0,1 | 06 | |
Ashworth-Score (Test auf Muskel-Spastizität) | ||||
Ausgangswert | 0,98 (0,078) | 0,95 (0,047) | 0,79 (0,058) | 0,87 (0,057) |
Durchschnittliche Veränderung | –0,09 (0,037) | –0,18 (0,022) | –0,07 (0,033) | –0,17 (0,032) |
Unterschied | 0,10 | 0,10 | ||
p-Wert | 0,021 | 0,015 |
Studie 218MS305
Die Studie 218MS305 wurde an 636 Patienten mit Multipler Sklerose und Gehbehinderung durchgeführt. Die Dauer der doppelblinden Behandlung betrug 24 Wochen. Im Anschluss an die Behandlung erfolgte eine 2-wöchige Nachbeobachtung. Der primäre Endpunkt war eine Verbesserung der Gehfähigkeit, gemessen als Anteil an Patienten mit einer mittleren Verbesserung des MSWS-12-Wertes um > 8 Punkte gegenüber dem Ausgangswert über eine Zeitdauer von 24 Wochen. In dieser Studie bestand ein statistisch signifikanter Behandlungsunterschied und im Vergleich zu den mit
Placebo kontrollierten Patienten zeigte ein größerer Anteil der mit Fampridin behandelten Patienten eine Verbesserung der Gehfähigkeit (relatives Risiko von 1,38 (95 % KI: [1.06, 1.70]). Die Verbesserungen zeigten sich im Allgemeinen innerhalb von 2 bis 4 Wochen nach Einleitung der Behandlung und verschwanden wieder innerhalb von 2 Wochen nach dem Absetzen der Behandlung.
Die mit Fampridin behandelten Patienten zeigten außerdem eine statistisch signifikante Verbesserung beim Timed Up and Go (TUG)-Test, einem Test zur Beurteilung des statischen und dynamischen Gleichgewichts und der körperlichen Mobilität. Bei diesem sekundären Endpunkt erreichte ein größerer Anteil der mit Fampridin behandelten Patienten eine mittlere Verbesserung der TUGGeschwindigkeit um > 15 % gegenüber dem Ausgangswert über eine Zeitdauer von 24 Wochen verglichen mit Placebo. Der Unterschied bei der Berg-Balance-Skala (BBS, einer Skala zur Bewertung des statischen Gleichgewichts) war statistisch nicht signifikant.
Darüber hinaus zeigten Patienten mit Fampridin-Behandlung eine statistisch signifikante mittlere Verbesserung des Körper-Scores der Multiple Sclerosis Impact Scale (MSIS-29) im Vergleich zu Placebo (LSM-Unterschied –3,31, p<0,001).
Tabelle 2: Studie 218MS305
24-Wochen-Zeitraum | Placebo N = 318* | Fampridin 10 mg 2 x täglich N = 315* | Unterschied (95% KI) p – Wert |
Anteil an Patienten mit einer mittleren Verbesserung des MSWS-12-Scores um > 8 Punkte gegenüber dem Ausgangswert | 34 % | 43 % | Risikodifferenz: 10,4 % (3 %; 17,8 %) 0,006 |
MSWS-12-Wert Ausgangswert Verbesserung gegenüber dem Ausgangswert | 65,4 –2,59 | 63,6 –6,73 | LSM: –4,14 (-6,22; –2,06) <0,001 |
TUG Anteil an Patienten mit einer mittleren Verbesserung der TUG-Geschwindigkeit um > 15 % | 35 % | 43 % | Risikodifferenz: 9,2 % (0,9 %; 17,5 %) 0,03 |
TUG Ausgangswert Verbesserung gegenüber dem Ausgangswert | 27,1 –1,94 | 24,9 –3,3 | LSM:-1,36 (-2,85; 0,12) 0,07 |
MSIS-29 Körperscore Ausgangswert Verbesserung gegenüber dem Ausgangswert | 55,3 –4,68 | 52,4 –8,00 | LSM: –3,31 (-5,13; –1,50) <0,001 |
BBS-Wert Ausgangswert Verbesserung gegenüber dem Ausgangswert | 40,2 1,34 | 40,6 1,75 | LSM: 0,41 (-0,13; 0,95) 0,141 |
*Intent-to-Treat-Kollektiv = 633; LSM = Mittelwert der kleinsten Quadrate
Die Europäische Arzneimittel-Agentur hat für das Referenzprodukt mit dem Wirkstoff Fampridin eine Freistellung von der Verpflichtung zur Vorlage von Ergebnissen zu Studien in allen pädiatrischen Altersklassen bei der Behandlung von Multipler Sklerose mit Gehbehinderung gewährt (siehe Abschnitt 4.2 bzgl. Informationen zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen).
5.2. Pharmakokinetische Eigenschaften
Resorption
Oral angewendetes Fampridin wird schnell und vollständig aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert. Fampridin hat eine geringe therapeutische Breite. Die absolute Bioverfügbarkeit von Fampridin Retardtabletten wurde nicht untersucht, aber die relative Bioverfügbarkeit (im Vergleich zu einer wässrigen oralen Lösung) beträgt 95 %. Die Fampridin Retardtablette bewirkt eine Verzögerung der Resorption von Fampridin, was sich durch einen langsameren Anstieg zu einer niedrigeren Spitzenkonzentration ohne Auswirkung auf die Resorptionsrate bemerkbar macht.
Bei Einnahme von Fampridin Retardtabletten zusammen mit Nahrungsmitteln beträgt die Verringerung der Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve (AUC0-v) von Fampridin ca. 27 % (10 mg Dosis). Es ist nicht davon auszugehen, dass die geringe Abnahme der AUC die therapeutische Wirksamkeit herabsetzt. Cmax steigt aber um 15–23 %. Da es einen klaren Zusammenhang zwischen Cmax und dosisbedingten Nebenwirkungen gibt, wird empfohlen, Fampridin auf nüchternen Magen einzunehmen (siehe Abschnitt 4.2).
Verteilung
Fampridin ist ein lipidlösliches Arzneimittel, das leicht die Blut-Hirn-Schranke passiert. Fampridin ist größtenteils nicht an Plasmaproteine gebunden (der gebundene Anteil im Humanplasma schwankte zwischen 3–7 %). Fampridin weist ein mittleres Verteilungsvolumen von ca. 2,6 l/kg auf. Fampridin ist kein Substrat für P-Glykoprotein.
Biotransformation
Fampridin wird beim Menschen durch Oxidation zu 3-Hydroxy-4-Aminopyridin metabolisiert und weiter zu 3-Hydroxy-4-Aminopyridin-Sulfat konjugiert. In vitro fand sich keine pharmakologische Wirkung der Fampridin-Metaboliten auf ausgewählte Kaliumkanäle.
Die 3-Hydroxylierung von Fampridin zu 3-Hydroxy-4-Aminopyridin durch menschliche Lebermikrosome schien durch Cytochrom P450 2E1 (CYP2E1) katalysiert zu werden.
Es gab Hinweise auf eine direkte Hemmung von CYP2E1 durch eine Fampridin-Konzentration von 30 pM (ca. 12 % Hemmung), was ungefähr dem 100-Fachen der durchschnittlichen Plasmakonzentration von Fampridin, die für die 10 mg Retardtablette gemessen wird, entspricht.
Die Behandlung von gezüchteten menschlichen Hepatozyten mit Fampridin hatte geringe oder keine Wirkung auf die CYP1A2, CYP2B6, CYP2C9, CYP2C19, CYP2E1 oder CYP3A4/5 Enzymaktivitäten.
Elimination
Der Haupteliminationsweg von Fampridin ist die Ausscheidung über die Nieren, wobei ca. 90 % der Dosis innerhalb von 24 Stunden als unveränderter Wirkstoff im Urin gefunden werden. Die renale Clearance (CLR 370 ml/min) ist aufgrund der kombinierten glomerulären Filtration und aktiven Ausscheidung durch den renalen OCT2-Transporter erheblich größer als die glomeruläre Filtrationsrate. Mit den Fäzes werden weniger als 1 % der verabreichten Dosis ausgeschieden.
Fampridin ist durch eine lineare (dosisproportionale) Pharmakokinetik mit einer terminalen Eliminationshalbwertszeit von ca. 6 Stunden gekennzeichnet. Die maximale Plasmakonzentration (Cmax) und zu einem geringeren Umfang die Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve (AUC) nimmt proportional zur Dosis zu. Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion gibt es bei Einnahme in der empfohlenen Dosis keine Hinweise auf eine klinisch relevante Akkumulation von Fampridin. Bei Patienten mit Nierenfunktionsstörung erfolgt die Akkumulation relativ zum Grad der Funktionsstörung.
Besondere Patientengruppen
Ältere Patienten
Fampridin wird überwiegend unverändert über die Nieren ausgeschieden, und da sich die Kreatinin-Clearance bekanntermaßen mit zunehmendem Alter verringert, wird eine Kontrolle der Nierenfunktion bei älteren Patienten empfohlen (siehe Abschnitt 4.2).
Kinder und Jugendliche
Es liegen keine Daten vor.
Patienten mit Niereninsuffizienz
Fampridin wird primär als unveränderter Wirkstoff über die Nieren ausgeschieden. Bei Patienten, deren Nierenfunktion beeinträchtigt sein könnte, ist deshalb die Nierenfunktion zu kontrollieren. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Konzentrationen von Fampridin bei Patienten mit leichter Nierenfunktionsstörung ca. 1,7– bis 1,9-mal höher sind als bei Patienten mit normaler Nierenfunktion. Fampridin neuraxpharm ist bei Patienten mit mittelschwerer und schwerer Niereninsuffizienz (siehe Abschnitte 4.3 und 4.4) kontraindiziert.
5.3. Präklinische Daten zur Sicherheit
5.3. Präklinische Daten zur SicherheitFampridin wurde in Toxizitätsstudien mit wiederholter Verabreichung oraler Dosen an mehreren Tierspezies untersucht.
Nebenwirkungen nach oral verabreichtem Fampridin traten schnell ein, am häufigsten innerhalb der ersten 2 Stunden nach Verabreichung. Die klinischen Symptome nach hohen Einzeldosen oder wiederholten niedrigeren Dosen waren bei allen untersuchten Spezies ähnlich und umfassten Tremor, Krämpfe, Ataxie, Dyspnoe, erweiterte Pupillen, Entkräftung, abnormale Vokalisierung, beschleunigte Atmung und übermäßige Speichelbildung. Gangauffälligkeiten und Übererregbarkeit wurden ebenfalls beobachtet. Diese klinischen Symptome waren nicht unerwartet und sind auf die übersteigerte pharmakologische Wirkung von Fampridin zurückzuführen. Darüber hinaus wurden bei Ratten einzelne Fälle von tödlich verlaufenden Harnwegsobstruktionen beobachtet. Die klinische Relevanz dieser Befunde muss noch geklärt werden, aber ein ursächlicher Zusammenhang mit der Behandlung mit Fampridin kann nicht ausgeschlossen werden.
In Studien zur Reproduktionstoxizität bei Ratten und Kaninchen wurden bei Dosen, die für die Mütter toxisch waren, Gewichtsreduktion und verminderte Lebensfähigkeit der Föten und Nachkommen beobachtet. Es wurde jedoch kein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen oder unerwünschte Wirkungen auf die Fertilität beobachtet.
In einer Reihe von Studien, in vitro und in vivo, zeigte Fampridin kein mutagenes, klastogenes oder karzinogenes Potential.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1. Liste der sonstigen Bestandteile
Tablettenkern
Hypromellose
mikrokristalline Cellulose hochdisperses Siliciumdioxid Magnesiumstearat
Filmüberzug
Hypromellose Titandioxid (E 171) 10
Macrogol 400
6.2. Inkompatibilitäten
Nicht zutreffend.
6.3. Dauer der Haltbarkeit
2 Jahre
6.4. Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Nicht über 30 °C lagern.
6.5. Art und Inhalt des Behältnisses
Polyamid/Al/PVC//Al-Blisterpackungen
Packungsgrößen: 28 und 56 Retardtabletten
Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.
6.6. Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung
6.6. Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die BeseitigungKeine besonderen Anforderungen.
7. INHABER DER ZULASSUNG
neuraxpharm Arzneimittel GmbH
Elisabeth-Selbert-Straße 23
40764 Langenfeld
Deutschland
Tel. +49 2173 / 1060 – 0
Fax +49 2173 / 1060 – 333
8. ZULASSUNGSNUMMER
Z.Nr.:
9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG
Datum der Erteilung der Zulassung:
10. STAND DER INFORMATION
04/2021
Mehr Informationen über das Medikament Fampridin neuraxpharm 10 mg Retardtabletten
Arzneimittelkategorie: standardarzneimittel
Suchtgift: Nein
Psychotrop: Nein
Zulassungsnummer: 140645
Rezeptpflichtstatus: Arzneimittel zur einmaligen Abgabe auf aerztliche Verschreibung
Abgabestatus: Abgabe durch eine (öffentliche) Apotheke
Inhaber/-in:
Neuraxpharm Arzneimittel GmbH, Elisabeth-Selbert-Straße 23, 40764 Langenfeld, Deutschland